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ATOS-Magazin Oktober/November 1997
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Schlaflos in Offendorf

Von Olaf Piesche

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Auch dieses Jahr wurde vom 31. Juli bis 05. August die GIGAFUN-Convention in Frankreich abgehalten. Überwiegend Democoder aus Frankreich trafen sich, dieses Jahr zum dritten Mal, um fünf Tage lang dem Conventionfeeling zu frönen - wer schon einmal auf einer viertägigen Democonvention wie der Fried Bits war, weiß, was das bedeutet: so gut wie kein Schlaf. Da wir uns zu viert Democrew nennen, konnten wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, der Einladung (ich bekam sogar zwei! ;-)) Folge zu leisten.

Nun, nicht ganz. Nur zwei von uns nahmen die von Nürnberg aus etwa 350km lange Fahrt ins kleine Städtchen Offendorf direkt hinter der französischen Grenze auf uns, um zum zweiten Mal am Gigaspaß teilzuhaben. Bereits im letzten Jahr machte die Convention ihrem Namen alle Ehre, und auch diesmal sollten wir nicht enttäuscht werden.





Die Überwindung des Rheins

Um ca. 0:10 passierten wir die französische Grenze, diesmal ausnahmsweise ohne Probleme - im letzten Jahr hatten wir den falschen Übergang, nämlich einen mit Fähre, erwischt und wären in der Dunkelheit fast mit dem Auto in den Rhein gefahren...

Aber Erfahrung macht klug, daher wählten wir diesmal gleich einen Grenzübergang mit Brücke und fanden nach kurzer Fahrt problemlos die Turnhalle, in der die Gigafun auch dieses Jahr wieder stattfinden sollte. Beim Betreten der Halle, in der sich zu diesem Zeitpunkt etwa 60 weitere Personen befanden, wurden wir dann auch gleich herzlich von Olivier Heissler, dem wohl hauptsächlichen Organisator der Convention begrüßt und nach kurzer Akklimatisierung und den üblichen "Hi"s und "Hello"s begannen wir mit dem Hereintragen und Aufbauen unserer Rechner, Monitore und allem, was man sonst noch zum Überleben auf einer Convention braucht (die Kaffeemaschine hatten wir diesmal vorsichtshalber zuhause gelassen - die Sicherungen haben es uns gedankt ;-))

Nachdem wir uns dann an der Bar im Vorraum der Turnhalle mit einem Kaffee erfrischt hatten, konnte der Spaß beginnen.





Turbokarte von Centek

Zuerst steckte ich sozusagen meine Nase ein wenig in die Monitore anderer Leute. Will sagen, ich schaute mich mal um, was es denn so neues gab. Das erste was mir auffiel war, daß gut ein Drittel bis die Hälfte der Leute ihren Falcon bereits mit einer Turbokarte der hierzulande recht unbekannten französichen Firma Centek, Typ CENTurbo I, Rev. 3 ausgestattet hatten. Dieses winzig kleine Ding (eine Platine von etwa 5*2cm Größe mit 3 ICs und neun Drähten) ist imstande, dem Falcon ein ganzes Stück Power mehr mit auf den Flug zu geben: 32MHz CPU-, 50MHz FPU-, 50MHz DSP- und 32MHz Bustakt lassen auch größere AVI- oder Quicktime-Filme problemlos und flüssig über den heimischen Bildschirm laufen. Auch der POV-Raytracer wirkte um einiges fixer. Conventionpreis für die Karte lag umgerechnet bei schlappen 100,- - irgendwie bereue ich es, daß ich mir keine habe mitgeben lassen.

Aber weiter im Programm. Schließlich sind die französichen Programmierer auch nicht ganz ohne, also blickte ich mich ein wenig nach neuer Software um.





Interessante Software

Zuerst sprang mir ein Samplebearbeitungsprogramm namens STUDIO SON ins Auge (das ist jetzt natürlich nicht wörtlich gemeint). Dies scheint ein ordentliches Stück Software zu sein, bietet es doch auf den ersten Blick alles, was das Samplerherz begehrt - von ausgefeilten Schnitt- und Blockfunktionen, Loop-Funktionen mit Markern und Jog/Shuttle-Feature und Crossfade bis hin zu Effekten wie Flanger, Hall, Echo, Pitchbend, und was man mit dem DSP eben noch so schönes machen kann, die destruktiv in ein Sample eingerechnet werden können. Das Programm macht hierbei natürlich vollen Gebrauch von der Falcon-Soundhardware - ob und wie es auch auf anderen ATARIs läuft, konnte ich mangels Testmöglichkeit und Französichkenntnissen allerdings nicht feststellen.

Das zweite was ich als interessant empfand, war EB Model, ein Modeler für den Freeware-Raytracer POV, der ebenfalls ganz anständige Möglichkeiten bietet. Zwar sind natürlich nicht alle Features von POV nutzbar, aber selbst Dinge wie z.B. Blobs werden unterstützt. In erster Linie hatte ich aber den Eindruck, daß der Modeler den POV-Freund in die Lage versetzt, endlich problemlos auch komplexere polygonale Objekte zu basteln. Wer schon einmal mit der Scriptsprache von POV befaßt hat, weiß was ich meine. EB Model ist ein GEM-Programm und sollte demnach auch auf nicht-Falcons laufen.

Programm Nr. 3, auf das ich einen genaueren Blick warf war MOUNTAIN, ein Shareware- Videoschnittprogramm. Ein kurzer Test zeigte bereits die relativ hohe Geschwindigkeit des Programms. Selbst eine größere FLI-Animation war ohne längere Wartezeit importiert und in Einzelbildern in einer Art Sequenzer dargestellt, in dem man bereits Filme schneiden und mehrere Animationen miteinander verknüpfen konnte. Die Oberfläche erinnerte mich ein klein wenig an AVID auf dem Mac - natürlich war das ganze längst nicht so umfangreich. Das Programm befindet sich aber noch in der Entwicklung und scheint sehr interessant zu werden.

Weiter war ANIPLAY zu sehen, ein Quicktime- und AVI-Player für den Falcon, der auf der Party in der (damals) neuesten Version 1.16 verteilt wurde. Natürlich staubte ich gleich eine ab, und war relativ angetan von der doch angenehmen Geschwindigkeit, mit der dieser Player auch größere Filme abspielt. In der neuen Version hat Aniplay auch das "Konkurrenzprodukt" MyPlayer geschwindigkeitsmäßig überflügelt. Aniplay bietet neben der hohen Geschwindigkeit vollen GEM-Support (auf Wunsch werden die Filme auch im Fenster abgespielt), eine Video-Slideshow und einige weitere nette Features. Nachdem ich mit einem 69 Megabyte großen Quicktime-Film für viel Belustigung und ständigen Transport meiner externen Festplatte gesorgt hatte, wurde dann auch schon die Version 1.17 des Players released, der um einen Bugfix erweitert war.





Irrwege einer Festplatte

So ging es dann eine Weile hin und her, ich lief meiner Harddisk nach wie ein treuer Hund ("Entschuldigung, wer hat zuletzt diese graue Festplatte gesehen?"), nur kurz unterbrochen von einer Runde Tekken auf der Playstation, denn natürlich kam auch die spielerische Seite nicht zu kurz. Mehrere Playstations, Jaguare und N64 sorgten in diesem Bereich für die nötige Auslastung der Conventionteilnehmer.

Als ich meine Hardware wieder an meinem Platz beisammen hatte, gesellte sich Rudolphe Czuba, Gründer der Firma CENTEK zu uns, um uns schon vor der angekündigten Vorführung einige Informationen über neue Projekte zukommen zu lassen. Er war natürlich nicht mit leeren Händen an unseren Tisch gekommen. Um genau zu sein, hielt er in einer eine Diskette, auf der sich einige kleine Tools von Centek befanden (diese werden mit dem Erscheinen dieser ATOS im Archiv CENTOOLS.LZH in der Maus W2 abgelegt - wer einen Falcon hat, sollte sie sich einmal ansehen). Nach dem Austesten der Software und dem Lesen der Tests versorgte er uns dann wie schon im letzten Jahr mit genügend Information, um das Hirn eines Doktors der theoretischen Physik in rote Grütze zu verwandeln.

Nach subjektiv einer halben Stunde Gespräch (in Wirklichkeit waren es, wie mir ein Blick auf meine Uhr verriet, zweieinhalb Stunden gewesen) spürte ich wieder dieses vertraute Pochen hinter der rechten Schläfe und wischte mir die vor Anstrengung schweißnasse Stirn ab.





Ein paar Einzelheiten zur Turbokarte CENTurbo I und II

Was ich behalten konnte und verstanden habe war folgendes: Neben der CENTurbo I war natürlich die CT II in Entwicklung und stand wohl einige Wochen vor der Fertigstellung - das bedeutet, daß sie wohl jetzt in Frankreich zu haben sein sollte. Diese Turbokarte hat sich zu einem ausgewachsenen Monster mit 68040-Prozessor und Fast-RAM-Option, ISA-Slots und noch einigen Nettigkeiten mehr entwickelt. Nebenbei ersetzt die Karte noch die halbe Logik des Falcon, da die Entwickler auf kleine Bugs in drei oder vier der Logik-ICs des Falcon gestoßen waren.





Phenix

Neben dieser Karte machte natürlich auch der hauseigene Rechner namens Phenix seine Fortschritte. Zu diesem Zeitpunkt war nur noch nicht geklärt, für welche Grafikkarte und welches Keyboard/Maus-System man sich entscheiden soll. Inzwischen hat man sich für eine Matrox Mystique-Grafikkarte und das ADB (Apple Desktop Bus)-System entschieden, es werden also handelsübliche Mac-Tastaturen (wobei auch die Power-Key unterstützt wird) und -Mäuse anschließbar sein.





Dolmen

Zum Betriebssystem des Phenix, "Dolmen", konnte uns bereits einiges erzählt werden. Zuerst mal: das BS ist vollständig in Assembler geschrieben und soll demnach Geschwindigkeiten erreichen, die gewöhnungsbedürftig hoch sein dürften. Das gesamte Betriebssystem ist modular aufgebaut, einfaches Updating und freie Konfiguration sollten hierdurch also gewährleistet sein. Dolmen ist erstaunlich vielseitig, enthält es doch Treiber zum Laden der gängigsten Bildformate wie TIFF, TGA, GIF, JPG, PNG, PCX, BMP, IMG, etc. pp., und sogar Importfunktionen für FLI-, AVI- und Quicktime-Animationen. Ditherroutinen von Nearest Color bis Floyd-Steinberg sind ebenfalls vorhanden. Das Betriebssystem enthält, wie TOS auch, einen AES/VDI-Teil, "Cecile" genannt, der sich durch hohe Geschwindigkeit und große Flexibilität auszeichnet. Ein Beispiel hierfür ist das Abspielen eines Films, welches scheinbar beispiellos einfach ist; denn auch hierfür stellt Dolmen entsprechende Routinen bereit. Die Darstellung des Films wird hier über ein Cecile-(AES-)Objekt geregelt, das man einfach in die Resource einbaut - den Rest des Abspielens übernimmt das System. Ein Movieplayer wird sich dadurch auf zehnminütige Programmierarbeit reduzieren.

Eine Information, die viele User und Softwareentwickler beruhigen dürfte, ist, daß Dolmen abwärtskompatibel zu TOS sein soll. Im Klartext heißt das, daß saubere GEM-Programme einwandfrei laufen sollen. Laut Centek wurden auch schon diverse Tests mit Software aus französischen und deutschen Landen gefahren, die wohl größtenteils erfolgreich verlaufen sind. Teile von Dolmen sind auch als Aufsatz für den Falcon bereits vorhanden, diese Systemerweiterung läuft allerdings nur auf mindestens einem 68040-Prozessor. Das liegt daran, daß Dolmen eben voll und ganz in Assembler geschrieben und kompromißlos auf 68040-Code optimiert ist.

Teile der Dolmen-Routinen, die im 030er-Code vorliegen, waren bereits in den Tools zu sehen, die uns Rudolphe mitbrachte. So enthält CENTView z.B. die Dolmen-Grafiktreiber. CENTView ist ein kleiner aber feiner und vor allem schneller Bildviewer für diverse Bildformate für den Falcon. Im Test lief das Programm mit ScreensPain und sogar unter MagiC einwandfrei, unter Screenblaster scheint es leider noch Probleme mit dem Auflösungswechsel zu geben. Die Geschwindigkeit, die CENTView beim Anzeigen der Bilder an den Tag legt, ist allerdings erstaunlich und schlägt auch die APEX-Viewer um Längen.


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CENTBench ist ein winziges Testprogramm, daß die Taktraten von Bus, CPU und FPU ausrechnet und darstellt. Dieses Tool ist wohl nur nebenbei und zum Austesten der eigenen Turbokarten und des Phenix entstanden.


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Im großen und ganzen war das das interessanteste, das bei mir hängengeblieben ist - ich will den geneigten Leser nicht mit Geschichten über Demoprogrammierung langweilen ;-) Ich kann abschließend sagen, daß aus Frankreich wohl noch einige interessante Dinge zu hören sein werden - ich werde jedenfalls die Ohren aufsperren. Die Gigafun ist eine Convention, die sich jeder Interessierte einmal ansehen sollte - hervorragend organisiert und mit einer Menge interessanter Neuigkeiten. Natürlich wird Otto-Normaluser jeden, der sich sechs Tage und Nächte lang mit hundert anderen Freax vor den Rechner setzt, für verrückt erklären - aber so ist die Demoszene nun mal. ;-)



Olaf Piesche


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Letzte Aktualisierung am 2. Oktober 1997

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