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 Das ATOS-Magazin 3/00
 ATOS Reportagen

Interview mit Richard Gordon Faika

Von Benjamin Kirchheim

ATOS: Stell Dich doch mal bitte den Lesern kurz vor?
RGF: Ist schon immer merkwürdig, wenn man sich selbst vorstellen muß. Ich machs mal im Standardformat: Ich bin 1975 in Karl-Marx-Stadt geboren, also geborener Sachse (leider nur auf Durchreise "rausgerutscht" :-), und aufgewachsen in Meiningen (Thüringen). Kurz vor der Wende bin ich mit meinen Eltern und meiner Schwester (oder sie mit mir) über Ungarn in den Westen geflüchtet und schlußendlich noch vor der Maueröffnung in Berlin gelandet. Ich habe dort dann meinen Schulabschluß gemacht und eine Ausbildung zum Auto-Mechaniker und Elektriker absolviert.

ATOS: Wie bist Du zu Ataris gekommen?
RGF: Ein Amiga hat mich zum Atari geführt. Wie? Mein erster Rechner war ein Amiga 500, den ich mir zum Spielen gekauft habe. Das ganze Handling und drumherum haben mich aber eher abgeschreckt (ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht den blassesten Schimmer von Rechnern). Ein Freund hatte, bedingt durch seine Arbeit, einen Mega STE mit SM124 stehen, auf dem er mit Calamus arbeitete. Von ihm bekam ich dann einen 1040STFM mit einiger Software, u.A. auch GFA-Basic.

ATOS: Welche Ataris hast Du besessen?
RGF: Die habe ich heute noch :-) Das sind der 1040ST, Mega ST, Mega STE und mein heißgeliebter TT. Außerdem steht noch ein Jaguar mit CD-ROM herum, auf dem ich bis zum Abwinken am Sucht-Spiel "Tempest" gespielt habe.

ATOS: Welche Computer/Ausstattung benutzt Du zur Zeit?
RGF: Ich benutze zur Zeit den TT, es ist ein Daughter-Board-TT mit 36 MB RAM, zig Festplatten, CD-ROM und CD-Brenner, sowie einer Grafikkarte (SuperNova Mach64 mit 4MB VRAM).

ATOS: Wann hast Du angefangen zu programmieren? Welche Programmiersprachen beherrschst/benutzt Du?
RGF: Angefangen habe ich eigentlich ein paar Monate nachdem ich den ST bekam - damals noch am Fernseher mit GFA-Basic. Das war so 1993/94 glaube ich. Ich schreibe in GFA und 68k-Assembler, wobei ich beide Sprachen sehr gut beherrsche.

ATOS: Was sind Deine aktuellen Projekte?
RGF: Die aktuellen Projekte sind:

ATOS: Gibt es auch sog. "Jugendsünden" in Deiner Programmiererlaufbahn?
RGF: Nein, ich bin ein lieber Kerl ;-)

ATOS: Was planst Du für die Zukunft?
RGF: Also über meine private Zukunft möchte ich mich hier nicht auslassen, aber was Atari angeht, bin ich auf jeden Fall solange dabei, wie es mir Spaß macht. Spezielles habe ich da erstmal nicht geplant (ich bin nämlich auch gar nicht so ein Planungsmensch).

ATOS: Dein herausragendstes (aktuelles) Projekt ist Luna, der "neue Stern" am "Editorhimmel". Wie kam es dazu?
RGF: Als Herausforderung sozusagen, also ich habe mir die Aufgabe, einen Editor zu schreiben, selbst gestellt (ich wollte meine Texte in meinem eigenen Programm verfassen). Herausforderung deshalb, weil es in GFA nicht ganz einfach ist, ein solches Programm zu entwickeln, da es

  1. keine Beispiel-Sourcen gibt wie z.B. in C (QED) und
  2. keine hilfreichen Bibliotheken mit Funktionen, die eine Editor-Entwicklung stark vereinfachen.

So mussten also auch eine eigene, spezielle Speicherverwaltung, das Fenstermanagement usw. völlig neu geschrieben werden. Da ich kein C kann, konnte ich mir auch keine Hilfe in C-Sourcen holen und war manche Tage recht hoffnungslos.

Luna ist auch gar nicht mit einem Konkurrenz-Gedanken zu anderen Editoren entwickelt worden, ich wollte eben meinen eigenen Editor mit den Funktionen, wie ich sie für sinnvoll halte, mit meinem Konzept entwickeln, deshalb ist Luna auch in manchen Dingen ganz anders als andere Editoren. Im Endeffekt entscheidet ja dann auch der Anwender, was ihm mehr zusagt und ich freue mich, daß Luna eine so große Verbreitung gefunden hat. Ich danke ganz einfach mal an dieser Stelle für die Unterstützung durch die Anwender.

ATOS: Die Entwicklung von Luna geht ja teilweise recht schnell voran, es scheint Dir ja richtig Spaß zu machen. Auf was dürfen wir uns denn noch alles freuen?
RGF: Klar machts mir Spaß :-), demnächst kommt noch Syntax-Highlightning rein und einige Verbesserungen, z.B. die Tastaturbedienbarkeit der Menüs und solche Dinge, und ansonsten haben vielleicht noch Anwender ein paar sinnvolle Ideen.

ATOS: Was ist der LTC?
RGF: Der LTC ist ein Textprozessor, mit dem man verschiedene Textbausteine projektorientiert zu einem Ganzen zusammenfügen kann. Weiterhin sind sogenannte Textvariablen möglich, mit denen sich direkt in den Texten Zeichenfolgen ersetzen lassen - z.B. das aktuelle Datum oder die Uhrzeit.

ATOS: Wozu braucht man den?
RGF: Sinnvolle Anwendung wäre das Erstellen von Textprojekten mit verschiedenen Seiten, wiederkehrenden Informationen, also HTML-Seiten oder Hypertexte. So benötigt man z.B. nur noch einen Durchlauf, wenn man Änderungen am HTML-Kopf vornimmt und dieser als Include-Datei in allen Seiten definiert ist, oder einen Banner-Abschnitt, oder einen News-Teil, ein Impressum und solche Sachen. Große Projekte lassen sich so sehr effizient verwalten. Eine Änderung führt somit nicht mehr dazu, daß man alle Seiten, auf denen diese erscheinen, einladen und ändern muß. Ich finde das Ganze sehr elegant und warte so auch meine Homepage-Projekte und verschiedene andere Dinge.

ATOS: Der Textcompiler ist ja recht neu, was kommt noch in Zukunft?
RGF: Auf Anregung von Anwendern werde ich bestimmte Werte an Textvariablen direkt in der Projektdatei übergebbar machen, so ist dann eine Definition in einer extra Variablendatei nicht mehr nötig. Weiterhin wird es noch einen externen Projektmanager geben, der gezielte Projektteile zur Bearbeitung zulässt und auch sonst sehr komfortabel werden soll.

ATOS: Du bist ja Assembler- und GFA-Fan. Kombinierst Du das sinnvoll oder ist das streng getrennt?
RGF: Ich muß es kombinieren, da auch trotz hoher Optimierung mit GFA nicht solch eine Geschwindigkeit zu erreichen ist, was die direkte Textverarbeitung innerhalb von Luna angeht. So ist Luna in sehr vielen wichtigen Bereichen mit Assembler-Funktionen bereichert worden. Der Assembler-Teil dürfte so um die 30% liegen.

ATOS: Gibt es reine Assembler-Programme von Dir?
RGF: Selbstverständlich, meist einige Treiberprogramme.

ATOS: Ist GFA-Basic eine "moderne" Programmiersprache?
RGF: Naja, das kommt darauf an, wie man das sieht, vom BASIC-Standpunkt her würde ich sagen ja, immer noch, auch mit anderen Dialekten kann GFA mithalten. Die Stärke von GFA ist die einfache und trotzdem komplexe Syntax, die aber dennoch genauso schön strukturierte Programmierung zulässt wie andere Sprachen, z.B. Modula oder Pascal, C ... Es gibt kein schnelleres Entwicklungssystem.

ATOS: Warum noch Basic und nicht C(++)?
RGF: Das ist Geschmacksfrage. Hätte ich zum damaligen Zeitpunkt mit C angefangen, würde ich heute wohl in C programmieren, aber mich schreckt die Syntax ganz erheblich ab - eben Geschmacksfrage. Ich bereue aber nicht, GFA zu sprechen, vor allem nicht, wenn sie schon so wie bei mir wirklich in Fleisch und Blut übergegangen ist. Ich bezweifle, ob das bei mir mit C genauso wäre, C ist um so vieles komplexer. Als Ausgleich habe ich immer noch Assembler, und die Kombination von beiden reicht mir bis dato eigentlich aus.

ATOS: Welche Entwicklungs-Tools verwendest Du?
RGF: Ich verwende als Editor natürlich zwangsweise den GFA-Interpreter, den ich mit einem Zusatz-Programm namens "Scrambler" für Grafikkarten starten muß. Als Compiler/Linker-Shell verwende ich natürlich meinen CBO (wer hätte das gedacht) und einen von mir gepatchten Linker, sowie meine eigene Linker-Bibliothek "LicomLIB". Teil des Entwicklungssystems ist Jinnee: der Editor auf F1, die Shell auf F2 - so gehts dann heiß her :-)

ATOS: Deine RSCs sind offensichtlich mit viel Liebe gestaltet. Ist an Dir ein kleiner Künstler verloren gegangen?
RGF: Vielleicht? Ich habe früher viel gemalt, es gibt einige Bilder von mir, auch ein Instrument habe ich mal gelernt (Violine) - ich bin also in den künstlerischen Bereich nicht erst mit meinen RSCs getreten ;-) Mir macht es auch Spaß, die Oberfläche meinem eigenen Geschmack anzupassen, auch wenn es anderen nicht unbedingt immer gefallen wird.

ATOS: Wann schreibst Du "den Stern am Grafikprogrammhimmel"?
;-) RGF: Gibts den nicht schon? Ich denke, Pixart ist ein solcher Stern!

ATOS: Liest Du die ATOS? Was hältst Du von der ATOS?
RGF: Selbstverständlich lese ich die ATOS und freue mich auf jede Ausgabe. Aufmachung und Inhalt wirken sehr professionell.

ATOS: Welche anderen Atari-Magazine liest Du noch?
RGF: Wenn ich mal eine bekomme, die STC.

ATOS: Was machst Du noch so in Deiner Freizeit?
RGF: Also hauptsächlich kümmere ich mich um meine Freunde und Freundinnen und sie sich um mich. Sportlich bin ich eher nicht engagiert, die körperliche Betätigung habe ich auf Arbeit genug. Ansonsten fummle ich an allem, was Technik in sich birgt und bin auch recht kreativ, gehe gerne auch mal in ein klassisches Konzert oder ins Theater.

ATOS: Wo siehst Du die Zukunft des Atari-Systems?
RGF: Ich denke, die letzte Chance wird der Milan sein.

ATOS: Was hältst Du vom Milan-Projekt?
RGF: Nunja, ich bin etwas skeptisch. Als Atari-Mensch kennt man genügend Ankündigungen, aber wünsche allen Beteiligten viel Glück und Erfolg.

ATOS: Gibt es spezielle Programmier-Aufträge an Dich für den Milan II?
RGF: Ja, über die Art und den Umfang des Projektes möchte ich mich jedoch nicht äußern.

ATOS: Wird Luna der Standard-Editor des Milan II werden?
RGF: Das müssen schon die Anwender entscheiden. Logisch betrachtet, denke ich wohl eher nicht, da es ja andere Editoren gibt, die kostenlos mitgeliefert werden. Zu wünschen wäre es natürlich :-)

ATOS: Wirst Du Dir im Herbst einen Milan II kaufen?
RGF: Ich denke schon, eventuell auch früher :-)

ATOS: Wir bedanken uns für das Interview.
RGF: Gern geschehen.

ATOS: PS: Zähl' doch mal bitte alle Deine veröffentlichten Programme auf:
RGF: wirklich?

Na gut:

(bis jetzt unveröffentlichte ausgenommen)

Das Interview führte Benjamin Kirchheim für die ATOS.

Homepages von Richard Gordon Faika

E-Mail an: Richard Gordon Faika

IRC

Richard ist auch sehr häufig mittwoch abends ab 21:00 Uhr im IRC (channel #atari.de) anzutreffen.


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Letzte Aktualisierung am 24. Juli 2000

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